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dc
Auseller, Jordi
author
2016-01-21
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Kinder- und Jugendtheater im
deutschsprachigen Raum, genauer mit dem Theater für Kinder und Jugendliche, um einer
Verwechslung des Theaters mit Kindern und Jugendlichen vorzubeugen. Behandelt wird
vorwiegend das professionelle Theater für junge Zuschauer mit ausgebildeten Schauspielern als
Phänomen des 20. Jahrhunderts unter Ausklammerung anderer weitverbreiteter Formen des
Theaters für Kinder, wie das Puppen-, Figuren-, Musik- und Tanztheater.
Die Arbeit beschränkt sich auf die Untersuchung des Märchentheaters. An allen Bühnen für
Kinder- und Jugendtheater in Deutschland können Märchenspiele auf den Spielplänen
festgestellt werden, die bekannte Märchen zur Vorlage haben. Dabei handelt es sich meistens
um Dramatisierungen von klassischen Märchen der Brüder Grimm (Aschenputtel, Dornröschen,
Rumpelstilzchen, König Drosselbart usw.), zum Teil sind es aber auch Bearbeitungen von
Andersens oder Perraults Märchen für die Bühne. Märchen werden als „Klassiker“ des
deutschen Kindertheaters bezeichnet. Deshalb sollen sie hier ausführlich besprochen werden,
denn es sind immer wieder Märchenaufführungen, die heftige Diskussionen ausgelöst haben
und noch immer auslösen.
Bei den Dramatisierungen und Bearbeitungen der verschiedenen epischen Vorlagen
verfahren die Autoren individuell verschieden. Während sich einige streng an den
Handlungsablauf der Vorlage halten, greifen andere einzelne Motive heraus und gestalten damit
ihr eigenes Märchenspiel. Es liegen aber auch Märchenspiele vor, in denen Motive aus
verschiedenen Vorlagen zusammengesetzt und verquickt sind. Weitere Märchenspiele
wiederum weisen in der Handlung nur noch eine ganz schwache Verwandschaft mit der
epischen Vorlage auf.
Doch über solche äußerlichen Unterschiede hinaus ist infolge der Märchendramatisierung
der resultierende Text, d.h. das Märchenstück, nach Form und Inhalt kein dramatischer Text
mehr, sondern ein „Zwitterprodukt“, das zwischen Erzählung und Drama angesiedelt und daher
auch nicht mehr der gattungshistorischen Trias von Lyrik, Epik und Dramatik zuzuordnen ist.
Insofern verlangt es nach einem neuen Verständnis auf Gattungs- und Bedeutungsebene.
Für eine Untersuchung der Übertragungsmomente durch den Gattungswechsel ist eine
Definition des Begriffs des Dramas erforderlich, sowie seine Abgrenzung und Unterscheidung
von demjenigen des zur Dramatisierung ausgewählten Grundlagentextes, des Märchens also.
Die Erhebung von Merkmalen im Sinne einer Herausarbeitung gattungsspezifischer
Unterschiede zwischen epischem und Bühnentext verdeutlicht die Herausforderungen, denen
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sich Bühnenbearbeiter stellen müssen. Über die individuell schöpferische Leistung hinaus geht
mit einer jeden Bearbeitung von Märchen für die Bühne ein vielfältiges Umschalten formeller
Konventionen aus entgegengesetzten Gattungssystemen einher, die im Laufe der Jahrhunderte
ausgeformt worden sind. Auf der Bühne trifft das Bemühen von Märchenbearbeitern insofern
nicht nur auf neue bühnengerechte Darbietungsverfahren, sondern auch auf beträchtliche
gattungsbezogene Maßnahmen.
Eine weitere Komponente in der Untersuchung bildet die konkrete Textanalyse zur
Verdeutlichung der Prozesse durch die Gattungsübertragung. Dies erfolgt bei uns grundsätzlich
durch die Besprechung von konkreten Beispielen aus einem repräsentativen historischen Korpus
von 15 Autoren bzw. Autorenteams: 14 aus dem traditionellen Märchenstück und einer aus der
modernen Variante. Unsere Aufmerksamkeit gilt dabei insbesondere der Auseinandersetzung
mit Letzterem, Friedrich Karl Waechter (1937-2005), einem der erfolgreichsten Stückeschreiber
seiner Zeit im Kontext der Dramatisierung von Märchen. Es ist zu betonen, dass die hier
analysierten Stücke auf Märchen der Brüder Grimm basieren.
In der Analyse werden die Kategorien Handlung, Figur, Raum und Zeit untersucht. Ziel ist
es, einerseits zu klären, welche gattungsspezifischen Merkmale Märchenstücke aufweisen, und
andererseits die Veränderungen aufzuzeigen, die Bühnenbearbeiter am Grundlagentext
vornehmen und welche Formen dieser annimmt, wenn sie Erzmuster der epischen Kunst, so wie
Märchen es sind, für die Bühne adaptieren. Zwar belegt die Analyse unterschiedliche
Herangehensweisen bei der Dramatisierung und Bearbeitung von Märchen. Doch über die
Unterschiede hinaus werden viele Parallelen in der Gestaltung und Ästhetik der vorliegenden
Märchenstücke ersichtlich, die uns an allgemein übliche Bearbeitungskriterien denken lassen.
Alle Märchenstücke zeugen von einer an das Originalmärchen angelehnten Struktur. Außerdem
weisen sie in der Handlung eine starke Verwandschaft mit der Vorlage sowie eine stärkere
Typisierung der Figuren auf.
Die Arbeit möchte also nicht nur einen Beitrag zur Analyse von Märchenstücken leisten,
sondern stellt auch den Versuch dar, verschiedene Formen der Märchendramatik im Bereich des
Kinder- und Jugendtheaters in Deutschland zu erklären. Es wird allerdings nicht darauf
abgezielt, die Diagnose einer bestimmten Zeit zu erstellen. Vielmehr geht es hier um eine
gattungspoetische Auseinandersetzung.
This dissertation deals with the children’s and youth theatre in the German-speaking field,or
more accurately, with the theatre for children and adolescents; basically devoting itself to the
investigation of fairy-tale theatre. Folk and fairy tale adaptations as a theatrical genre along with
their aesthetic have dominated the repertory of German children’s theatre for a long time (see
chapter 1) and here, therefore, they are to be discussed in detail.
Authors proceed in different ways when they adapt tales into plays. While some keep
strictly to the sequence of events of the original tale, others pick out single motives in order to
retell the story on stage. There are also many adaptations that use motives from different stories
and combine them into crossovers, and many others that show within the performance only
quite a weak affinity with the original tale. Beyond that, as a result of the fairy-tale
dramatization the resultant text is not a dramatic text any more, but a “hybrid” product between
narrative and drama. In this regard, it doesn’t fit into the tripartite system of genres (narrative,
drama, poetry) any more.
To be able to understand transference moments between genres, a definition of the concepts
is required. Therefore, as a preliminary framework, chapter 2 provides a definition of the
concept of “drama”, as well as its differentiation to that of the basic text chosen for the
adaptation: the fairy tale. It is only by gathering the formal features of genre and recognizing the
essential differences between an “original” text and a scripted play that one becomes aware of
the challenges adapters are confronted with while adapting the narrative text for the stage.
Beyond individual creative achievements, every fairy tale stage adaptation is accompanied by a
varied switching of formal conventions from opposing systems of genre which have been
formed over many centuries.
We clarify the key concepts of this approach through a close reading of selected texts and a
discussion of specific examples. The analysis presented in chapter 3 is based on a representative
historical corpus of 15 authors or author’s teams: 14 from the traditional fairy-tale model, that
is, in the tradition of the 19th century children’s comedy, and one from the modern fairy tale
variant. Here we focus on Friedrich Karl Waechter (1937-2005), whose modern adaptions of
Grimms’ tales became influential for repertories. Our aim is to uncover what features
characterize the genre of the fairy-tale play.
http://hdl.handle.net/10803/392678
Teatre alemany
Teatro alemán
German drama
Teatre infantil i juvenil
Teatro infantil y juvenil
Children's and young adult plays
Teatre (Gènere literari)
Teatro (Género literario)
Drama
Das Märchenstück im zeitgenössischen Kindertheater. Die Adaption von Grimms Märchen für die Bühne